Der Christoph Martin Wieland-Übersetzerpreis, der in diesem Jahr für die herausragende Übersetzung eines historischen Romans ausgeschrieben war, geht an Tanja Handels für Ihre Übertragung von „Betrug“ der britischen Autorin Zadie Smith.
Die Jury hat im Literarischen Colloquium am Wannsee getagt. Nachdem man sich über die besten Bewerbungen einig war stand nach fünfeinhalb Stunden lebhafter Diskussion die herausragende Übersetzung der Besten fest.
Der Freundeskreis gratuliert Tanja Handels von Herzen.

von links: Eva Bonné, Daniela Högerle, Claudia Kramatschek, Elena Kritzokat, Beate Frauenschuh, Jutta Heinz, Karen Nölle und Kristina Kallert
Nachfolgend die ausführliche Begründung der Jury:
Mit „Betrug“ legt Zadie Smith erstmals einen historischen Roman vor, der ausgehend von einer wahren historischen Begebenheit – dem sogenannten Tichborne-Fall und damit einem der aufsehenerregendsten britischen Gerichtsprozesse – ein dichtes Textgewebe aus authentischen Figuren und Ereignissen erschafft, das angereichert ist durch fiktionale Stränge und Stimmen. Raffiniert entfaltet die Autorin darin ein nuancenreiches Panorama Großbritanniens im ausgehenden 19. Jahrhundert, das dennoch wie ein umgedrehtes Fernrohr in unsere Gegenwart zielt.
Auch Tanja Handels Übersetzung kann nicht anders als raffiniert und äußerst nuancenreich bezeichnet werden: Dem vielfältigen Figurenpersonal des Romans, das zugleich unterschiedliche soziale Schichten abbildet, verleiht sie eine je eigene Stimme, ein je eigenes Sprachregister. Dennoch glänzt die Übersetzung durch einen durchgehend prägnanten Ton, der so griffig wie wendig ist und auf jeder Seite durch frische Bilder und die farbenreiche Gestaltung der sprachlichen Mittel besticht. So fängt sie einerseits den Spagat des Originals zwischen historisch markierter und doch zeitloser Sprache ein – und wagt doch eigenständige Entscheidungen. Dem viktorianischen Zeitalter verleiht sie treffsicher Farbe, dem englischen Humor eine gewitzte Stimme. Die komplexen Ausführungen der so klugen wie sprachverliebten Erzählfigur Eliza Touchet – aus deren Perspektive das Gros des Romans geschildert wird – überträgt sie wiederum in so rhythmische wie schillernde Satzgebilde. Bis zum Schluss des umfangreichen Romans verliert die Übersetzung dabei nichts an ihrer Spannkraft. Man merkt: Hier schöpft eine Übersetzerin aus ihrem schier unerschöpflichen sprachlichen Fundus – und zeigt sich auf der Höhe ihrer Kunst.